Das World Opera Forum, das vom 3. bis 5. Juni in Los Angeles stattfand, war ein spannender Erfahrungs- und Informationsaustausch. Marc Scorca, Präsident/CEO von OPERA America, hieß uns alle willkommen und sorgte für einen großartigen Veranstaltungsort, hervorragende Aufführungen, lebhafte Empfänge und anregende Diskussionsgruppen. Die Delegierten kamen aus der ganzen Welt, darunter aus Australien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Südafrika, Südkorea, Brasilien, Chile, Kanada, den USA und viele aus unserer Opera Europa Familie. Laura Berman von der Staatsoper Hannover, Laura Canning von Opera North und Henning Ruhe von der GöteborgsOperan waren Teil des Opera Europa-Teams und haben freundlicherweise über ihre Eindrücke vom Forum berichtet.
In den USA ist alles größer, heißt es. Nun, das trifft sicherlich auf die Ambitionen für dieses World Opera Forum zu. Nur drei Tage, nur vier Sitzungen, aber wir wollten uns mit dem Existenziellen, dem Menschlichen, dem Lebenswichtigen befassen. Was für ein Geschenk, aus dem Alltag auszusteigen und die Zukunft zu gestalten, die wir uns für die Kunstform wünschen, die wir alle so sehr lieben. Ich habe außergewöhnliche Kolleg:innen getroffen, deren Gemeinden sich alle an unterschiedlichen Stellen auf ihrer Reise mit der Oper befinden. “Bei uns gibt es die Oper erst seit 15 Jahren“, sagte Paolo Petrocelli, aktuell in Dubai, “wir machen uns noch keine Gedanken darüber, wie wir den Kanon auffrischen können”. Aber die Botschaft, die mir am meisten im Gedächtnis bleibt, ist ein Satz von Bibian Kalinde, einem inspirierenden Musikpädagogen aus Sambia. “Ihr redet ständig von der Oper als einer westlichen klassischen Kunstform, aber gibt es wirklich etwas Universelleres als das Singen mit offenem Herzen?” Mögen wir dies auch weiterhin tun.
Laura Canning, CEO/Künstlerische Direktorin, Opera North Leeds
Das World Opera Forum war ein Denkanstoß. Die Teilnehmer:innen vertraten Unternehmen ganz unterschiedlicher Art und Hintergrund. Alle schienen sich einig zu sein, dass die Theater eine soziale Verantwortung haben, aber es entstanden leidenschaftliche Diskussionen über die spezifischen Auswirkungen dieser Verantwortung und die Rolle der Kunst in diesem Prozess. Die Aufführungen, die wir sahen, reichten von großen traditionellen Produktionen bis hin zu experimentellen Showcases und warfen Fragen darüber auf, wie wir unsere Ambitionen innerhalb der Grenzen unseres Geschäfts umsetzen können. Es war mir eine Ehre, an den Podiumsdiskussionen teilzunehmen, und ich traf auf sehr unterschiedliche Standpunkte, die jeweils von ihren eigenen Realitäten geprägt waren. Sollten Institutionen vorrangig der Kunst oder den Gemeinschaften dienen? Wer definiert diese Gemeinschaften und ihre Prioritäten? Ist Kunst ein Ziel in sich oder ein Mittel zum Zweck? Und wie präsentieren wir das klassische Repertoire, das immer noch das meiste Publikum und die meiste finanzielle Unterstützung anzieht? Es gab keine allgemeingültigen Antworten, aber es entstand ein reichhaltiges Geflecht von Perspektiven, das hoffentlich zu kollektivem Wachstum anregt.
Henning Ruhe, Künstlerischer Direktor, GöteborgsOperan
Das World Opera Forum hat wirklich Menschen aus der ganzen Welt angezogen. Die Konferenz war so angelegt, dass die Delegierten und Teilnehmer:innen auf vielfältige Weise Informationen austauschen konnten: in großen Podiumsdiskussionen mit Fragen aus dem Publikum, die über ein Internetportal gestellt wurden, in kleinen Break-out-Sitzungen, die ebenfalls als Podiumsdiskussionen organisiert waren und bei denen Fragen über das Internet gestellt wurden, sowie bei informellen Mahlzeiten und Empfängen. Natürlich gab es auch Aufführungen zu sehen. Die Mischung der Delegierten ermöglichte es uns, sehr wertvolle Erfahrungen zu sammeln, Gedanken und Meinungen über gemeinsame Probleme und Fragen auszutauschen und zu erfahren, wie Kolleg:innen in unterschiedlichen Institutionen über die heutige Opernproduktion denken. Es ist klar, dass in den USA neue Opern, die aktuelle Themen widerspiegeln und die Geschichten unterrepräsentierter Völker (Schwarze, Latinos und Ersteinwohner) behandeln, immer beliebter werden. Die Bereiche der Transformation, die in Deutschland mittlerweile ein großes Thema sind: Diversität, Inklusion, Digitalisierung und Nachhaltigkeit, waren allesamt heiße Themen bei dem Forum. (Vielleicht spielt die Inklusion von geistig und körperlich beeinträchtigten Menschen eine geringere Rolle.) Hier gingen die Meinungen und Vorstellungen weit auseinander. Die Diskrepanz zwischen den Interessen des Publikums - insbesondere zwischen der Generation 60+ und den Generationen Y und Z - ist fast überall stark zu spüren - in Lateinamerika, in Asien und in den USA. In einer Diskussionsrunde, an der ich teilnahm, kam eine interessante Frage auf: Vielleicht könnten die Veränderungen in der Gesellschaft eine Bedeutung dafür haben, wie wir künstlerische Qualität definieren - sollten diese Aspekte bei unserer Definition eine Rolle spielen? Wie wichtig sind heute technische Fertigkeiten und Virtuosität? (Vor 1945 wurde die künstlerische Qualität auch durch andere Parameter bestimmt, als wir sie heute verwenden). Wie bei allen Treffen dieser Art bot die Konferenz die Möglichkeit, sich mit Kolleg:innen zu treffen und zu diskutieren. Im Vergleich zu anderen Konferenzen waren die Diskussionen intensiv und man hatte das Gefühl, dass man voll auf seine Kosten kam.
Laura Berman, Operndirektorin, Staatsoper Hannover