Die darstellenden Künste als Impulsgeber für eine nachhaltige Zukunft
Kulturelle Einrichtungen haben in diesem Jahr erhebliche Anpassungen ihrer Tätigkeit vorgenommen. Dazu gehören Veränderungen in der Art und Weise, wie die Theater verwaltet und die Spielzeiten geplant werden, wie Künstler*innen engagiert werden, wie Produktionen geschaffen, aufgeführt und auf Tournee gebracht werden, wie ein neues Publikum erreicht und erweitert wird und wie Beziehungen zu Spendern und Partnern aufgebaut und gepflegt werden. Der Prozess der Erholung ist eine Chance für den Sektor der darstellenden Künste, sich für die Welt von morgen neu zu erfinden.
Im Laufe des Sommers initiierten FEDORA und Opera Europa einen Dialog mit Creative Europe, dem Kulturförderprogramm der Europäischen Kommission, und anderen fachkundigen Partnern, um drei Schwerpunktbereiche zu identifizieren, die der Kultursektor in den nächsten Jahren in Angriff nehmen muss: Innovation durch Nachhaltigkeit, Gleichstellung und digitale Transformation.
Vorstellung einer Initiative für Wandel und Erholung auf und hinter der Bühne und über sie hinaus
Am 18. November, während der Online-Herbstkonferenz von Opera Europa, an der 200 professionelle Vertreter der Oper teilnahmen, starteten FEDORA und Opera Europa gemeinsam die Initiative Next Stage. Dieser 4-Jahres-Projektplan wird sich diesen drei Schwerpunktbereichen widmen. Next Stage wird von Opern- und Tanzkompanien in ganz Europa vorangetrieben und wird es diesen Institutionen ermöglichen, sich zu verändern, um inmitten der Realitäten des zweiten Quartals des 21. Jahrhunderts zu gedeihen und gleichzeitig neue Finanzierungsmöglichkeiten zu eröffnen. In Kombination mit der Skalierung von Expertenwissen, dem Peer-Learning und dem Austausch von Best-Practice-Beispielen wird dieses „Leuchtturmprojekt“ einen positiven Welleneffekt auf das sozioökonomisch-ökologische Gewebe der Gesellschaft auslösen, um deren Widerstandsfähigkeit zu stärken. Das Ziel besteht darin, dass Opern- und Tanzkompanien sich proaktiv verändern, so dass sie in diesen drei Bereichen beispielgebend wirken können.
30 Opern- und Tanzkompanien in 15 Ländern haben sich bereits zu dieser Initiative für Veränderungen verpflichtet.
Nachhaltigkeit
Fokus auf 3 separate Bereiche:
- Auf der Bühne: CO2-Fußabdruck für Bühnenbilder und Kostüme, insbesondere für Ko-Produktionen; Verwendung von Produkten aus zweiter Hand; Materialbeschaffung usw.
- Hinter der Bühne: Gebäudemanagement, Energieverbrauch und -management (z.B. neue Sonnenkollektoren), Abfallmanagement und -reduzierung, CO2-Fußabdruck für Gebäude, etc.
- Über die Bühne hinaus: Publikumsmobilität (z.B. Eintrittskarte für Aufführungen als Fahrkarte für öffentliche Verkehrsmittel), Tourneen (Fracht und Reisen) und Gastkünstleranreisen, etc.
Einigung über die Festlegung von Zielen zur Verringerung des Kohlenstoff-Fußabdrucks im Produktionsprozess (z.B. Netto-Kohlenstoff-Fußabdruck von Null bis 2050). Die wichtigsten aktuellen Herausforderungen sind der Mangel an Wissen, Zeit und Budget.
Schlussfolgerungen:
- Nachhaltigkeit braucht die Förderung durch das Top-Management, eingebettet in konkrete Richtlinien.
- Eine effiziente und langfristige Umsetzung erfordert sowohl eine Strategie, die auf allen Ebenen der Organisation geteilt wird, als auch die Befähigung der Menschen
- Diese Befähigung beinhaltet den Aufbau von Kapazitäten in allen Abteilungen der Organisation und ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit.
- Es ist entscheidend, Nachhaltigkeit in den Produktionsprozess einzubetten
- Nachhaltigkeitsmanager sollten Teil der Organisation werden
- Folgenabschätzung und Gutachten sind unerlässlich und benötigen Experten
- PR und Kommunikation sollten zur Bewusstseinsbildung beitragen
Nachhaltigkeit bedeutet Zusammenarbeit mit Interessenvertretern (und hängt zum Teil von ihnen ab):
- Öffentliche Einrichtungen sollten einen Entscheidungsfindungsprozess einleiten, um Nachhaltigkeit zu fördern,
- Vorstände sollten involviert sein und Berichte über Nachhaltigkeit verlangen,
- Die Zusammenarbeit zwischen Fachkolleg*innen und Akteuren wie Lösungsanbietern, Start-ups, Forschungszentren usw. ist wesentlich, um Innovation zu ermöglichen.
Gleichberechtigung
Fokus auf 3 separate Bereiche:
- Hinter der Bühne: Nationalität, Ethnizität und Geschlecht von Kreativteams und Verwaltungsangestellten
- Auf der Bühne: Vielfalt der Künstler*innen (sowohl künstlerisches Angebot als auch Hintergrund der Künstler*innen) ; Vielfalt des Repertoires
-Über die Bühne hinaus: Vielfalt des Publikums hinsichtlich Alter, sozialem Hintergrund, wirtschaftlichem Hintergrund, Behinderungen/Handicaps
Das Ziel der Gleichberechtigung ist es, die Relevanz von Oper und Tanz für die heutige Gesellschaft zu gewährleisten.
Ziele
- Geringere Kluft zwischen den Geschlechtern auf der Führungsebene
- Verringerung der Kluft in der Bildung und im Hintergrund des Publikums
- Das Publikum auf und hinter der Bühne reflektieren
- Diversifizierung des Repertoires durch Einbeziehung verschiedener Arten von Schöpfer*innen, Publikum, Kritiker*innen
- Möglichkeiten für eine aktive und vielfältige Beteiligung bieten
- Ermutigen Sie unterrepräsentierte Künstler*innen, auf die Bühne zu gehen (wichtige Rolle der Akademien, objektive Analyse der Bewerber*innen)
Herausforderungen
- Skalierung der Reichweite von Bildungsprogrammen (Zielzahlen, langfristige Arbeit)
- Erwartungen des Publikums bewältigen (Programmierung sowohl von Klassikern als auch von zeitgenössischen Werken)
- Die Abhängigkeit vom Kartenverkauf führt zu einer leichten Wahl von Star-Produktionen und Künstler*innen, was das Entstehen neuer Werke und Künstler*innen bedroht
- Die Finanzierung der Künste wird als niedrige Priorität angesehen
- Fehlende Verbindung zwischen Ausbildung und Beruf
- Gleichberechtigung sollte an der Spitze der Unternehmensführung wahrgenommen werden und aus moralischen und politischen Gründen erfolgen
Schlussfolgerungen
1. Integrieren Sie die Gleichstellung sichtbar in den Zweck und die Mission des Unternehmens
2. Fördern Sie Programme, die künstlerische Visionen verwirklichen und Ungleichheit gemeinsam angehen
3. Lobbying für Kreativität beim Lernen (künstlerische Bildung anbieten; das Publikum für die Arbeit begeistern; Musikunterricht im Lehrplan)
Digitale Transformation
Der Prozess der digitalen Transformation ist ein fortwährendes Phänomen im Kern von Kulturorganisationen, das von vielen inzwischen auf etwa 50% geschätzt wird. Er verspricht vielfältige Vorteile:
- Auf der Bühne - Eröffnung neuer Wege für das künstlerische Schaffen
- Hinter den Kulissen - Optimierung des Arbeitsflusses und der Kohärenz zwischen den Dienststellen
- Über die Bühne hinaus - Erreichen eines größeren und vielfältigeren Publikums
Herausforderungen
Die Pandemie unterstrich die Notwendigkeit, eine digitale Transformation zu erreichen, machte aber auch die gegenwärtigen strukturellen Schwächen deutlich, die eine solche Errungenschaft verlangsamen.
Während Theater und Institutionen gezwungen waren, zu schließen, wurden digitale Werkzeuge zu einem zentralen Hebel, um die Öffentlichkeit durch die Online-Übertragung von künstlerischen Inhalten und damit verbundenen Erfahrungen, wie Podcasts oder Videospiele, zu erreichen. Doch der Mangel an Mitteln, Fachwissen und Arbeitskräften behinderte Organisationen mit kleineren digitalen Abteilungen. Weitere Hindernisse waren die Inkompatibilität der Software zwischen den Diensten, Zeitmangel und mangelnde Schulung bei der Nutzung neuer digitaler Werkzeuge.
Die Konvergenz von digital und künstlerisch wirft zwei Fragen auf: Relevanz und Monetarisierung. Die Digitalisierung von Inhalten durch Plattformen, Streaming und zwischen Genres hat einen harten Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Zuschauer entwickelt. Die Entwicklung neuer Finanzierungsmodelle und Einnahmequellen erfordert Forschung, Zeit und Agenten oder Dritte, die sich dieser Aufgabe widmen.
Lösungen
- Die Aufgabe der digitalen Transformation einem internen Agenten zuweisen, der sich nur auf dieses Thema konzentriert
- Digitale Experten innerhalb der künstlerischen Teams hinzufügen, um Möglichkeiten für das Schaffen zu entwickeln und die Erfahrung und Kommunikation mit dem Publikum zu verbessern
- Zusammenarbeit mit externen Agenten, um die Teams zu schulen und die Nutzung neuer digitaler Werkzeuge zu erleichtern, „Evangelistenprofile“ als Träger von Fachwissen
- Austausch bewährter Praktiken durch Aufnahme eines Dialogs zwischen Institutionen innerhalb und außerhalb des Sektors
- Externe öffentliche oder private Partner einbeziehen, die zur Finanzierung dieses kostspieligen Prozesses beitragen können